Zeitweise bekamen Cargobikes für gewerbliche Zwecke besondere Aufmerksamkeit. Erste Gehversuche der Kurierdienste mit kapazitätsstarken Lastenräder und lokale Lieferdienst per Rad in Großstädten waren und sind medial präsent. Doch mittlerweile rückt die private Nutzung immer mehr in den Fokus – und mit ihr zahlreicher werdende Modelle, die speziell dafür konzipiert sind. Das geht auch den Handel etwas an, denn Verkauf und Service können nur in Fachbetrieben kompetent und wohnortnah durchgeführt werden.
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Cargobike-Norm als Leitplanke
„Sieben Jahre meines Lebens“ kostete der Normenausschuss zu Lastenrädern ihren Vorsitzenden Ernst Brust, damals noch als Chef der Prüffirma Velotech. Die erste von insgesamt 17 Sitzungen fand nämlich am 17. September 2013 statt, die letzte am 12. und 13. September 2019. Anfang 2020 wurde die Norm DIN 79010 gültig und an einer entsprechenden Europa-Norm wird gearbeitet. Der Normenausschuss war seinerzeit hochkarätig besetzt, auch mit Vertretern aus der Industrie. Neben Brust sind weitere Experten hervorzuheben, die mitwirkten: der damalige ZIV-Geschäftsführer Siegfried Neuberger, der Chef des gleichnamigen Prüfinstituts Dirk Zedler und der Geschäftsführer von EFBE Prüftechnik Marcus Schröder, der die Norm bei der Cargobike Academy erläuterte.
Der vielleicht strittigste Punkt stand am Anfang: Die Begrenzung der Norm auf ein zulässiges Gesamtgewicht von 250 Kilo bei einspurigen und 300 Kilo bei mehrspurigen Fahrzeugen. Damit wollte der Ausschuss den Bau von Fahrzeugen mit höherem zulässigen Gesamtgewicht keinesfalls unterbinden. Das Verlassen des Anwendungsbereichs führt nicht in die Illegalität. Dieser Weg steht Herstellern weiterhin frei, um den gewerblichen Bereich zu bedienen. Solange es aber dafür keine Norm gibt, müssen diese Hersteller aus eigener Erkenntnis für die Sicherheit ihrer Gefährte sorgen, während die Hersteller von Fahrzeugen innerhalb der Gewichtsgrenze jetzt eine klare Leitplanke haben. Als Gründe für die Begrenzung nannte Schröder die Anpassung bewährter Prüfmethoden und Standards der Fahrradindustrie, die Annahme, dass dann Fahrradkomponenten eingesetzt werden könnten und dass die Teilnehmer der Runde Experten aus der Fahrradindustrie seien.
Es soll ein Fahrrad bleiben
Kevin Mayne sähe ohnehin am liebsten eine neue Fahrzeugkategorie in der EU-Nomenklatur, die Cargobikes über 500 Kilo bis 2,50 Meter Breite und S-Pedelecs umfasst. Das käme auch Dirk Zedler gelegen, der die aktuelle rechtliche Einstufung „normaler“ E-Bikes und E-Cargobikes als Fahrrad gefährdet sieht, wenn man zu sehr auf „schneller, höher, weiter“ setze.
Schon jetzt sieht er die öffentliche Diskussion beeinflusst durch voreingenommene Berichterstattung, die ein paar Halbwahrheiten über Gefahrenpotentiale am Lastenrad aufbausche. Schröder warnte davor, dass Cargobikes in Unfallberichten auf der „Täter-Seite“ auftauchen würden. Die Experten wiesen zudem auf spezifische Risiken hin, wie Gurtschlösser (hier hatte auch Brust schon kritische Testergebnisse erzielt) und die Crash-Sicherheit der Fahrgastkabine.
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Autor: M. Bollschweiler
Foto: RadMarkt