BIKE: Carbon ist ja ein wunderbarer Werkstoff fürs Bike: steif, leicht und gebraucht auch noch erschwinglich. Aber wie steht es mit der Sicherheit bei gebrauchten Komponenten wie Lenker, Sattelstütze oder auch Kurbeln?
Zedler: Die Crux bei Carbon ist, dass sich der Werkstoff bei einem Sturz oder Unfall nicht verformt, auch wenn er bereits überlastet wurde. Dadurch ist die Beurteilung von außen quasi unmöglich. Wie der BIKE-Lenkertest (5/14) gezeigt hat, gibt es sehr große Unterschiede in der Haltbarkeit und insbesondere der Sturztoleranz bei Carbon. Bei gebrauchten Lenkern, Sattelstützen und Kurbeln fährt daher ein hohes Risiko mit, wenn man deren bisherigen Lebenslauf nicht kennt.
Worauf kann ich achten, um das Risiko zu minimieren, wo liegt die Grenze bei Gebrauchsspuren oder dem Alter?
Der Alterungsprozess bei Carbon ist kein Thema, kritisch sind die schädigenden Ereignisse wie misslungene Sprünge oder Stürze. Theoretisch sieht man vorangegangene Schadenereignisse den Lenkergriffen, den Pedalen oder dem Sattel an, doch die werden, um einen besseren Preis zu erzielen, oft vor dem Verkauf erneuert. Wer wirklich sichergehen will, für den gibt es eigentlich nur den Tausch der tragenden Bauteile.
Carbon-Rahmen, egal ob Fully oder Hardtail, haben sicher das größte Second-Hand Sparpotential, sind aber noch mal ein ganz anderes Thema. Wie kann man vermeiden, eine tickende Zeitbombe zu kaufen?
Bei den meisten Rahmen kann aus der Erfahrung heraus etwas Entwarnung gegeben werden. Das plötzliche Komplettversagen ist bei den gut gemachten Rahmen der führenden Hersteller kein Thema mehr. Das Risiko ist zudem etwas geringer, da die Rohre sich gegenseitig abstützen. Vor dem Kauf lohnt ein kritischer Blick auf die exponierten Bauteile. Legt der Verkäufer Pedale, Griffe und Sattel nicht vor, oder sind diese verdächtig neu, dann würde ich abraten. Auch der Zustand der Laufräder sagt etwas über das Vorleben des Gebrauchtrades aus. Ein weiterer Indikator ist der Lack. Am ganz sauberen Rahmen kann man in den kritischen Bereichen Risse entweder sehen oder aber mit einem weichen Lappen spüren, wenn man damit über die Rohre streicht.
Gibt es Möglichkeiten, z.B. einen Rahmen fachmännisch auf Defekte/Mängel untersuchen zu lassen?
Das viel zitierte Röntgen, genauso wie andere Durchleuchtungsverfahren , führen zu keinem echten Ergebnis. In der händischen Carbon-Herstellung kommt es zwangsweise zu Abweichungen in der Produktion, und es ist praktisch unmöglich, unkritische Herstellungsunzulänglichkeiten von möglichen Schäden zu unterscheiden. Für eine verlässliche Aussage müsste der Neuzustand dokumentiert sein, doch das ist leider nie der Fall.
Einige wenige Hersteller und auch wir im Zedler-Institut prüfen Carbon-Rahmen mit einem erweiterten Steifigkeitsprüfverfahren im Labor. Das erfordert aber sehr viel Erfahrung und Equipment. Kostenpunkt: ab 500 €.