Interview
Dipl.-Ing. Dirk Zedler - Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Fahrräder und Elektrofahrräder
MYBIKE: Welche Tücken birgt ein Rahmen mit tiefem Einstieg im Vergleich zum Diamantrahmen?
Ähnlich einem Fachwerk ist das Jahrhunderte alte Prinzip ein Glücksgriff. Jedes Rahmenrohr, das man weglässt, mindert die Fahrtstabilität. Beim Tiefeinsteiger kann sich der vordere Rahmenbereich leichter gegenüber dem hinteren bewegen. Konstrukteure müssen sich hinsichtlich der Steifigkeit und Haltbarkeit deutlich mehr Gedanken machen.
Gibt es dabei Unterschiede zwischen klassischen Fahrrädern und Pedelecs?
Pedelecs haben schwerere Bauteile, die Fahrer/-innen nehmen mehr Gepäck mit, und der Antrieb bringt mehr Nutzer in bergiges Gelände inklusive schneller Fahrt bergab. Pedelec-Nutzer/-innen sitzen zudem gerne aufrecht. Bei Pedelecs sind daher die Anforderungen eklatant höher. Deshalb ist auch ein Gepäckträgerakku äußerst fragwürdig. Sitzt der Akku dagegen außen am Zentral- oder Unterrohr, hinter oder vor dem Sitzrohr, fährt sich das Pedelec deutlich besser.
Wie hängen Rahmensteifigkeit und Lenkkopfflattern zusammen?
Das sieht man an den Intube-Akkus bei Tiefeinsteigern: Einige Hersteller schneiden einfach das Rohr auf, um den Akku zu integrieren. Das Unterrohr bietet dann kaum noch Torsionswiderstand. Selbst wenn sonst alles passt, tritt schon bei geringen Geschwindigkeiten Fahrwerksunruhe auf. Lenkerflattern als ein Phänomen, aber auch die gefährliche Fahrinstabilität bergab, zum Beispiel bei Richtungswechseln verunsichern nicht nur, sondern führen auch zu Unfällen.
Wie kann ich beim Fahrradkauf sicher sein, dass mein Wunsch-Bike mit tiefem Einstieg auch genügend Fahrsicherheit bietet?
Die Methode „scharfes Hinsehen“ reicht nicht. MYBIKE-Tests, in denen die Fahrstabilität gemessen und bei Probefahrten eingeordnet wird, dagegen schon. Zudem kann ich nur zur ausführlichen Probefahrt mit eingestellter Sitzposition und definitiv auch mit Gepäck raten. Gerade letztgenanntes scheidet die Spreu vom Weizen.
Autor: Jochen Donner
Foto: Daniel Simon
Falls Sie mehr lesen wollen, bestellen Sie das entsprechende Heft beim Delius-Klasing-Verlag online.