Eigentlich scheint die Aufgabe einer Sattelstütze ganz einfach zu sein: Sie verbindet den Rahmen mit dem Sattel und erlaubt dem Radler – sofern man sie in Länge und Winkel gut verstellen kann - seine individuelle Sitzposition auf dem Rad zu finden. Man sollte meinen, dass diese Aufgabe relativ einfach zu bewältigen ist – doch immer wieder brechen Sattelstützen, was häufig zu schweren Verletzungen führt. Untersucht man diese Brüche, kann man die Schäden grob in zwei Kategorien unterteilen.
In der einen Kategorie geht es völlig uneinheitlich zu: Weder Material noch Gewicht, Preis oder Bauprinzip der Sattelklemmung strukturieren die Schadensbilder; Stützen reißen direkt am Austritt aus dem Rahmen oder mitten auf freier Rohrlänge ab, Klemmköpfe oder die Schalen des Haltemechanismus brechen. Konstruktive Mängel können ebenso die Ursache sein wie fehlerhafte Montage.
Die andere Kategorie präsentiert sich hingegen sehr übersichtlich: In ihr befindet sich die klassische Patentsattelstütze. Deren Sattelklemmung besorgt eine einzelne Schraube – und die bricht. Sie führt als Unfallursache mit deutlichem Abstand.
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Kurz & knapp
Die Sattelstütze ist ein sensibles Bauteil, das sorgfältige Montage mit dem richtigen Werkzeug erfordert, damit sie dauerhaft und sicher funktioniert. Stützen, deren Sattelklemmungen über zwei Schrauben verfügen, sind die bessere Wahl, aber auch sie verlangen nach korrektem Schraubenanzugsmoment. Das Konstruktionsprinzip der Patentstütze mit nur einer Schraube zur Sattelbefestigung ist grundsätzlich problematisch. Wer hier keinen Drehmomentschlüssel benutzt, handelt fahrlässig.
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KOMMENTAR
Falsche Tradition
Crashtest-Sicherheit und Insassenschutz sind heutzutage bei Autos vorrangige Entwicklungsziele und offensiv beworbene Verkaufsargumente. Am Fahrrad scheint dieser Trend zu mehr Sicherheit spurlos vorüberzugehen, obwohl man sich den Gefahren des Straßenverkehrs als Radler viel unmittelbarer aussetzt. Wie anders wäre zu erklären, dass mit der Patentsattelstütze ein Konstruktionsprinzip millionenfach verbreitet ist, das vom Standpunkt des seriösen Maschinenbaus als gefährlich beurteilt werden muss? Bei Patentsattelstützen hängt der Sattel und damit die Sicherheit des Fahrers an einer einzigen Schraube, die zudem unsachgemäß auf Biegung belastet wird. Kontrollieren lässt sich das Problem allenfalls, wenn man die Schraube mit einem Drehmomentschlüssel stark genug anzieht. Mit einem normalen Innensechskant oder gar einem Mini-Werkzeug bringen die meisten Menschen die notwendige Kraft nicht auf. Die Stütze kann halten, muss aber nicht – die Bruchgefahr fährt immer mit. Zeigen Sie Verantwortungsbewusstsein und verbannen Sie Patentstützen von Ihren Rädern!
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Autor: Dipl.-Ing. Dirk Zedler, Fahrrad-Sachverständiger