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VCD fairkehr, 02/2018
Lesedauer 4:30 Minuten

„Finger weg vom Nachrüsten"

Aus Fahrrad wird Pedelec: ein Gespräch mit dem Fahrradsicherheitsexperten Dirk Zedler über Risiken und Nebenwirkungen der nachträglichen Elektrifizierung von Fahrrädern.

Dirk Zedler leitet das Institut für Fahrradtechnik und -Sicherheit GmbH
Dirk Zedler leitet das Institut für Fahrradtechnik und -Sicherheit GmbH

fairkehr: Herr Zedler, Sie raten: Finger weg von E-Rad-Nachrüstbausätzen. Was kann passieren?

Dirk Zedler: Was beim Szenario „Endverbraucher kauft Bausatz und schraubt sich einen Motor ans Rad" passieren kann, ist ganz simpel: Durch den Motor werden die Bauteile des Fahrrads deutlich stärker belastet. Das ist Fakt. Das weiß man von Belastungsmessungen im Fahrbetrieb und von Versagensfällen aus der Praxis. Umfragen zeigen zudem, dass Kunden, die mit elektrischer Unterstützung fahren, mehr Wege zurücklegen - bei manchen verfünffacht sich die Fahrradnutzung. Die unmotorisierten Räder sind aber auf das bisherige Nutzungsverhalten ausgelegt. Bei höherer Belastung steigt das Risiko, dass Bauteile wie Lenker, Gabel oder Rahmen brechen. Dazu kommt, dass Räder, die nachgerüstet werden, in der Regel nicht neu sind: Räder. die älter sind als zwei, drei Jahre wurden unter Umständen nicht ausreichend auf Haltbarkeit geprüft. Woher soll denn jetzt ein Kunde, der sich einen Nachrüstsatz kauft, wissen, was sein Fahrrad überhaupt aushält? Dann stellen sich weitere Fragen: Wie lange und wie viel ist der Kunde gefahren? War er mit viel Gepäck unterwegs, ist er vielleicht schon mal gestürzt? Dem Endverbraucher fehlt schlicht die Möglichkeit, auch nur annähernd zu prüfen, ob sein Fahrrad geeignet ist, die Belastung mit E-Motor dauerhaft auszuhalten.

Das Problem sind also eher die Räder als die Nachrüstbausätze?

Genau. Es kommt noch etwas dazu: Wenn ich das Fahrrad elektrisiere, mache ich daraus eine elektrische Maschine. Jedes elektrische Bauteil strahlt. Die Hersteller der Bausätze machen natürlich eine Prüfung zur elektromagnetischen Verträglichkeit. Dabei prüfen sie die Intensität der Strahlung und ob es Beeinflussung gibt von Handys, Autos oder Funk. Es gab folgenden Fall: Neben einem Lkw hielt ein Pedelec-Fahrer an einer Ampel. Plötzlich fuhr das Pedelec einfach los. Die Strahlung des Lastwagen hatte es beeinflusst. Das ist natürlich für den Radfahrer Horror. Seriöse Hersteller von Pedelecs prüfen mittlerweile jeden Fahrradtyp als komplettes Fahrrad auf elektromagnetische Verträglichkeit (EMV-Prüfung). Selbst wenn die Hersteller von Nachrüstbausätzen den Motor prüfen, können die Kunden nicht sicher sein, dass es zu keiner Störung kommt. Das Fahrrad wirkt wie eine Antenne für die elektromagnetische Strahlung. Die Bausatzfirma kann nicht prüfen, ob das Gesamtsystem E-Motor plus Fahrrad störungsfrei funktioniert.

Wer haftet, wenn am nachgerüsteten Rad die Bremsen versagen oder der Rahmen bricht?

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr der Hersteller - das Rad wurde ja maßgeblich verändert. Vor Gericht wird dieser in Abwehrhaltung gehen und es wird so gut wie unmöglich sein, nachzuweisen, dass der Umbau nicht ursächlich war. Es haftet also der, der nachgerüstet hat - Endverbraucher oder Radladen. Allein deshalb raten wir: Finger weg. Es rechnet sich ja auch nicht wirklich.

Inwiefern?

Ein qualitativ hochwertiger Bausatz kostet 1 500 Euro aufwärts. Mit den billigen macht das Fahren keinen Spaß. Da stellt sich die Frage, ob ich nicht besser in ein zusätzliches Pedelec investiere, das sicher ist und mir die Wahl lässt zwischen elektrischem und normalem Fahrrad. Ich finde ja persönlich, nicht jeder Weg muss mit dem Pedelec gemacht werden. Auf ebenen Strecken braucht man eigentlich keins. Aber das entscheidet natürlich jeder für sich.

Sie sagen, jede Nachrüstung zum Pedelec sei gleichbedeutend mit einer Straftat - bitte erklären Sie das.

Für Händler gibt es schlichtweg ein gesetzliches Verbot, nachzurüsten. Wir haben in Europa seit 21 Jahren ein Produktsicherheitsgesetz. Das gibt zum Schutze der Verbraucher extrem strenge Richtlinien vor. Dort steht drin, dass ein Produkt nicht am Markt bereitgestellt, ausgestellt oder erstmals verwendet werden darf, wenn es nicht alle darauf anzuwendenden Regularien erfüllt. Ein Hersteller, der Pedelecs baut, hat einen sehr hohen Aufwand, die Konformität des Produktes mit den Anforderungen darzulegen. Er muss zum Beispiel eine Risikoanalyse durchführen und viele Prüfungen machen: mechanische Belastung, EMV und elektrische sowie funktionale Sicherheit. Daneben muss er eine Bedienungsanleitung in Landessprache beilegen. Das alles machen seriöse Hersteller und deshalb kosten Pedelecs auch mehr Geld. Wenn das alles geschafft ist, muss der Hersteller eine Konformitätserklärung erstellen und unterschreiben. Erst dann darf er das CE-Zeichen aufkleben.

Jetzt kommt ein Kunde mit seinem sechs Jahre alten Rad zum Händler und will einen E-Motor einbauen lassen. Wie soll dieser Händler denn die Konformitätsprüfung leisten? Er kann sich auch nicht auf die zurückliegenden Prüfungen des Radherstellers verlassen, denn dieser kennt die Geschichte des sechs Jahre alten Fahrrads nicht. Aber er darf es rechtlich nur umbauen, wenn er belegen kann, dass das Rad den Belastungen standhält. Glauben hilft nicht.

Trotzdem bieten einige Händler das Nachrüsten an - wie kommt das?

Viele Händler wissen nicht, dass sie ein Gesetz brechen und damit in Gefahr laufen, eine Straftat zu begehen. Und: Wo kein Kläger, da kein Richter. Die Gewerbeaufsichtsämter scheinen überfordert. Die sind bei den Pedelec-Herstellern unterwegs und gucken, dass die große Masse richtig läuft, da besteht viel Nachholbedarf. Die Fahrradbranche hat sich darum lange Zeit gar nicht kümmern müssen, weil Fahrräder Freizeitartikel und Sportgeräte waren, das hat niemanden interessiert. Durch das E-Fahrrad gehört das Rad jetzt plötzlich zur Mobilität. Das Fahrrad wird durch den E-Motor zu einer Maschine und unterliegt anderen Richtlinien und Gesetzen.

Kann es künftig dennoch zu sicheren Nachrüstlösungen kommen?

Mittelfristig sehe ich da Lösungen. Es kann ja sein, dass Radhersteller die Idee umsetzen, E-Bike-ready-Modelle auf den Markt zu bringen und die Räder nach so hohen Kriterien zu prüfen, dass man gewährleisten kann, dass man es beispielsweise innerhalb der ersten vier Jahre oder so mit bestimmten Bausätzen umrüsten kann zum Pedelec. Das wäre dann eine coole Sache, rechtlich korrekt und sicher.

Interview: Valeska Zepp
Foto: Zedler

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