Tenor: Der Verschleiß sei dem Einsatzbereich angemessen. Ein sehr positives Ergebnis, mit dem wir so nicht gerechnet hätten. Nicht, weil wir E-Mountainbikes für übermäßig anfällig halten. Eher, weil wir dachten, dass die Psyche vielen E-Bikern einen Streich spielt. „Subjektiv ist der Verschleiß an allen Komponenten extrem hoch," sagt dazu E-MTB-Konstrukteur Lutz Scheffer. „Das liegt aber primär daran, dass Biker mit E-Motor viel mehr fahren, insbesondere mehr Höhenmeter und materialfordernde Trail-Kilometer."
Scheffer selbst kommt auf rund 100000 E-MTB-Höhenmeter pro Jahr - er weiß also, wovon er spricht. Noch drastischer macht sich der Unterschied für Händler und Hersteller bemerkbar, denn dank Motorunterstützung kommen völlig neue Käufergruppen in extremes Gelände. „Früher war das Mountainbike ein reines Sportgerät, da waren kaum schwergewichtige Personen in den Bergen unterwegs. Die Belastung auf die Bikes und Komponenten steigt nicht nur durch das höhere Eigengewicht der Räder, sondern vor allem durch schwerere Fahrer", sagt dazu der Fahrrad-Sachverständige Dirk Zedler. Im Klartext: Häufiger als normale MTBs müssen E-MTBs auch mal 100-Kilo-Fahrer sicher steilste Berge runterbringen. Und auch Pendler, die täglich viele Höhenmeter bei Wind und Wetter vernichten, wollen dauerhaft glücklich gemacht werden.
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BESTEHEN E-MTBs im Dauereinsatz? Oder ist die Elektronik zu empfindlich? Und sind die hohen Antriebskräfte zu brachial? Die Schwachpunkte der E-MTBs
PROBLEMZONE Schaltung
Ritzel und Kette sind die klassischen Verschleißteile am Fahrrad, natürlich auch am E-Mountainbike. Mit Motor ist die Belastung deutlich höher. Die Motorpower verleiht jedem Hobby-Biker einen Antritt wie Cross-Country-Held Nino Schurter, das macht Kette, Ritzeln und Kettenblättern zu schaffen. „Das Kettenleiden und Zahnkranzschmelzen ist schon ein riesen Thema bei E-Mountainbikes", bestätigt auch Dipl.-Ing. Dirk Zedler. Neben dem Power-Plus gibt es weitere Knackpunkte. Der Motor schiebt weniger gefühlvoll an, als es erfahrene Biker tun können. Schaltvorgänge finden dadurch häufig unter Volllast statt. Außerdem läuft der Motor nach, gibt also noch etwas weiter Gas, wenn die Kurbeln schon stillstehen. Das führt dazu, dass Kettenklemmer oder Stöcke im Antriebsstrang bei E-MTBs schneller Ausfälle wie abgerissene Schaltwerke oder Kettenrisse nach sich ziehen. „Ich habe deshalb immer ein Stück Kette und ein Kettenschloss dabei," sagt Vielfahrer Lutz Scheffer. Außerdem rät er zu Kassetten mit Stahlritzeln. „Alu-Ritzel haben am E-MTB nur ein kurzes Leben. Hier gilt also: billiger ist besser." Auch die einzige explizite E-MTB-Schaltung, Srams EX1, setzt aus diesem Grund auf eine Kassette mit acht Stahlritzeln. Das hat sich leider am Markt nicht richtig etabliert", sagt Zedler und appelliert an E-Biker, bei der Auswahl ihrer Bikes und Komponenten genau auf ihre Bedürfnisse zu schauen. Vielfahrer sollten in Haltbarkeit investieren. Ein Spezialfall sind übrigens Bosch-Antriebe. „Das superkleine Antriebszahnrad belastet die Kette extrem, ein wahrer Kettenfresser“, sagt Zedler. Nach rund 1000 Kilometern sei spätestens Schluss.
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Dipl.-Ing. Dirk Zedler, Fahrrad- und E-Bike-Sachverständiger
„Das Kettenleiden und Zahnkranzschmelzen ist schon ein riesen Thema bei E-Mountainbikes. Schließlich kann jeder Normalo plötzlich wie ein Worldcup-Profi den Berg hochfahren."
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Autor: Florentin Vesenbeckh
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