Gleich mit dem ersten Vortrag wurde ein Fass aufgemacht und die Zeit überzogen. Referent Dirk Zedler sollte laut Ankündigung über die CE-Kennzeichnung an Elektrofahrrädern sprechen. Das wäre vermutlich nur ein Vortrag von einer Viertelstunde geworden, denn die Sachlage ist eigentlich einfach: Der Fahrradhersteller muss die Konformität seines Elektrofahrrades mit den einschlägigen Vorschriften, wie der Maschinenrichtlinie, erklären: in einer Konformitätserklärung und per CE-Aufkleber auf dem Rad.
So einfach, wie es klingt, ist es aber nicht. Denn die Erklärung muss der Wahrheit entsprechen, das Rad also wirklich so sicher sein, wie der Gesetzgeber das verlangt. Dafür muss der Hersteller einiges tun, beispielsweise eine Risikoanalyse vornehmen. Dabei muss er Gefahrenpotential und Eintrittswahrscheinlichkeit gegeneinander abwägen. Leute von der Marktüberwachung würden wenig von Fahrrädern verstehen, aber viel von Vorschriften und Formularen. Sie checkten die Konformität nicht nur beim Hersteller, sondern auch in Fahrradgeschäften und könnten den Verkauf von E-Bikes unterbinden. In Niedersachsen arbeiten die Behörden mit einem elfseitigen Kontrollbogen.
Aber das war es nicht allein. Denn Zedler schlug einen großen Bogen, beschränkte sich nicht auf die CE-Kennzeichnung. Er erinnerte an Produkthaftungsgesetz und Produktsicherheitsgesetz. Er teilte mit, dass die Produkte dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen müssten. Und dass die Bezugsquelle des Rades in der EU liegen müsse, sonst sei der importierende Händler der Hersteller. Überhaupt war das die größte Spaßbremse an Zedlers Vortrag: Der Händler wird schneller zum Hersteller, als er glaubt, mit allen Pflichten und Risiken. Er kauft von einem Großhändler Custom-made-Räder, versieht sie aber mit seinem eigenen Markennamen? Schon ist er Hersteller.
Er nimmt Gebrauchträder in Zahlung, verkauft sie weiter? Schon ist er Hersteller. Umbauten von E-Bikes sind ein heikles Thema. Das Verkaufsgespräch ergibt oft, dass der Auftrag erteilt wird, aber aus Komfortgründen ein anderer Sattel und ein anderer Lenker angebracht werden. Doch damit erlischt die Konformität. Der Hersteller gibt eine Stückliste heraus, davon darf man nicht abweichen, auch wenn später verschlissene Teile ersetzt werden. Um ein anderes Bauteil anzubringen, muss der Händler beim Hersteller um eine schriftliche Freigabe dieses Teils ersuchen.
Online nicht zu stoppen
Zedlers Vortrag ließ viele Stirnfalten zurück im Auditorium.
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Text: Michael Bollschweiler