Im Jahr 1986 arbeitete der aktive Triathlet Zedler in einem Fahrradladen und intensivierte sein lnteresse am Fahrrad. 1988 schrieb er eine Studienarbeit über Karbon. Am 1. April 1993 machte er sich selbstständig. 1994 errichtete er den ersten Steifigkeitsprüfstand. Heute hat sein Unternehmen 15 Mitarbeiter; seit 2010 darf er den Begriff "lnstitut" im Firmennamen führen.
Zedler bietet ein breites Portfolio an technischen Dienstleistungen wie kaum ein anderes Haus. Es reicht vom Verfassen von Bedienungsanleitungen über Sachverständigengutachten bis hin zu umfangreichen Produktprüfungen. Eine Auswahl an Prüfständen stellen wir hier in Wort und Bild vor. Bedienungsanleitungen kann man in zahlreichen Sprachen bestellen (rechtlich ist eine Anleitung in der Sprache des Zielmarkts Vorschrift). Die Anleitungen sind auf dem neuesten Stand, auch was rechtliche Rahmenbedingungen betrifft. Zedler vergisst nicht, anzumerken, dass bei den Fahrradtests der Stiftung Warentest die Anleitungen aus seinem Hause ausnahmslos gut abschneiden. Auf einem anderen Blatt steht, was Zedler über die Aussagekraft der Stiwa-Tests denkt.
Mehr als 700 Gutachten bis jetzt ermöglichen dem lnstitut einen brauchbaren Überblick über Schadenshäufigkeiten. Das verzahnt sich gut mit der Prüftätigkeit. Prüfanforderungen realitätsnah zu gestalten. Der Industriekunde kann seine Produkte bei Zedler auf verschiedenen Niveaus testen Iassen, von Basic über Advanced bis zu Advanced Plus.
Vorträge: Von Karbon bis Schadenshäufigkeit
Der lnhaber des lnstituts hielt eine Reihe von Fachvorträgen zu Schäden an Karbonprodukten und Pedelecs und zur Betriebssicherheit, die man durch technische Prüfungen feststellt.Zedler hat eine besondere Schwäche für Karbon, weil es ein Verbundwerkstoff ist, der aus Fasern und einer Matrix besteht. Karbon an sich ist also noch kein Werkstoff. Man muss aber die Besonderheiten des Werkstoffs kennen, etwa, dass Karbon nicht verbiegt, allenfalls bricht. Sind Risse im Rahmen erkennbar, so könnte es auch sein, dass sie sich nur auf den Lack erstrecken, der der Bewegung des Karbons nicht folgen konnte. Karbon ist in Zugrichtung stabil, in Druckrichtung nicht.
Was die Schadensfälle in der Praxis betrifft, so sind nach seiner Erfahrung hauptsächlich Rennräder betroffen. Grund: "Mountainbikes werden längst nicht so viel gefahren wie Rennräder." Von Einbruchdiebstählen sind wiederum vorwiegend Freerider und Dirtbikes betroffen. Händler sollten Karbonprodukte nicht selbst aus China importieren, weil sie dann nicht wissen, was sie bekommen. Da inzwischen jedes Bauteil aus Karbon gemacht wird, muss man vor allem beim Thema Klemmung ganz schön aufpassen. Canyon liefert jede Karbonstütze mit einem Drehmomentschlüssel aus, denn Gefühl ist ein schlechter lndikator. Zedler verteilte einmal lnbusschlüssel an eine Gruppe zum Festziehen; die Teilnehmer brachten Drehmomente zwischen 2 und 40 Newton auf. Sattelstützen sollten aus Sicherheitsgründen zwei Schrauben haben.
Bei Praxisschäden an Pedelecs spielt der Lenkerbruch durchaus eine Rolle. Lenker, die an normalen Fahrrädern halten, gehen an Pedelecs öfter kaputt. Auch Speichen müssen öfter dran glauben, wenn nämlich der Motor im Laufrad sitzt. Dann wird dle Speiche anders gebogen, wenn die Punzen in den Felgenlöchern nicht danach ausgerichtet sind. Getriebenaben vertragen sich wiederum nicht immergut mit Mittelmotoren; sie mögen das erhöhte Drehmoment nicht. Der Schwerpunkt von Pedelecs liegt oft tiefer, so dass stärkere Bremskräfte wirken können, ohne dass sich das Fahrrad überschlägt. Vorderradmotoren zerren an der Gabel. Auf schlechten Wegstrecken schwingt der Motor auf und kann die Gabel schädigen. Flaschenhalteraugen sind nicht dafür ausgelegt, Akkus aufzunehmen.
Tiefeinsteiger haben Einrohrrahmen und dadurch keine Redundanz. Beim Rahmenbruch kann es heikel werden, während ein Bruch in einem Diamantrahmen es sogar oft noch zulässt, die Heimfahrt vorsichtig zu absolvieren. Ketten können reißen, wenn man beim Schalten keine Entlastung in den Antriebsstrang bringt. Unfallrisiken können sich ergeben, wenn der Motor nach einer Tretunterbrechung noch nachschiebt.
lnsgesamt zeigen sich bislang keine auffälligen Häufungen von Materialdefekten bei Pedelecs. Die Fahreigenschaften aber verändern sich. Wegen der hohen ungefederten Massen rät Zedler von S-Pedelecs ohne Federgabel ab; sonst könne man das Gefährt kaum unter Kontrolle halten. Frontmotoren sollten nur mäßige Drehmomente aufbringen, sonst könnte das Rad eventuell außer Kontrolle geraten. Auch die Unterschätzung durch andere Verkehrsteilnehmer hält Zedler für ein relevantes Problem.
Gutes Produkt - gute Anleitung
Der Bundesgerichtshof hat bestätigt, dass die DIN EN nicht bindend ist. ln Frankreich hat sie aber Gesetzesrang. Jedenfalls ist eine EU-konforme Bedienungsanleitung erforderlich. lm Rahmen der Marktüberwachung durch Gewerbeämter weist Zedler darauf hin: Liegt eine sehr gut gemachte Bedienungsanleitung vor, haben die Überwacher kein Misstrauen mehr gegen das Produkt und nehmen es nicht mehr auseinander. Generell sieht Zedler sehr wohl Bedarf an einer Überarbeitung der EN-Norm; beispielsweise werde derzeit bei Trekkingrädern nichts zur Ermüdung des Steuerkopfbereichs gesagt. Eine künftige Norm für Pedelecs sollte die veränderten Belastungen und Nutzungen abbilden, damit sie realitätsnah geprüft werden könnten. Insgesamt gehört das Zedler-lnstitut zu den maßgeblichen Partnern der Fahrrad- und Teileindustrie bei der technischen Optimierung von Produkten. Gerade bei neuen Werkstoffen und Werkstoffkombinationen sowie neuen Fahrradtypen kann es wesentliche Erkenntnisse liefern, um Fahrräder und Bauteile passend zu realen Belastungen zu konstruieren.
Autor: Michael Bollschweiler