Agenturinhaber Uwe Weißflog steht exemplarisch für die Begeisterung, die nicht wenige Teilnehmer, verspürten. Allein das "Networking"sei die Reise wert gewesen. Wäre dies aber das Hauptanliegen einer Branchen-Zusammenkunft, so hätte man es bei der Party bewenden lassen können, die mit Bordmitteln glänzend funktionierte (mit den Bandmitgliedern Heiko Müller von Riese und Müller und Frank Stefan Kimmel von Serotta). Da aber das inhaltliche Angebot den Markenkern eines Kongresses ausmacht, muss er sich daran auch zuerst messen lassen - und konnte es auch, von Ausnahmen abgesehen.
278 Besucher aus lndustrie, Handel, Handwerk, Politik und Medien waren akkreditiert. Nach der Eröffnung durch den Parlamentarischen Staatssekretär Jan Mücke, den Präsidenten der Deutschen Verkehrswacht Kurt Bodewig bot der Kongress vier Plenumsvorträge, zwölf Workshops, zwei Podiumsdiskussionen, die Verleihung des VSF-Ethikpreises und ein Abschlusskommuniqué.
Der lnitiator des Kongresses, VSF-Geschäftsführer Albert Herresthal, hatte sich bewusst für zwei Säulen entschieden: die inhaltliche Auseinandersetzung zwischen Branche und Politik sowie brancheninterne Themen. Was Letztere betrifft, waren Anklänge an die frühere Händlerveranstaltung vom Fahrrad Markt Zukunft in Bremen durchaus noch erkennbar, wenngleich die Themenauswahl nicht primär auf den Handel ausgerichtet war.
Themen der Branche: Spannungsfelder in Handel und lndustrie
lm Spannungsfeld zwischen Handel und Industrie waren Themen angesiedelt wie die Markeninitiative Ligaplus oder die Problematik von Produkttests. Gerade hier war das inhaltliche Angebot besonders rund, denn der gemeinsame Fixpunkt war die Frage nach verbindlichen Normen. Siegfried Neuberger skizzierte namentlich des Zweirad-lndustrie-Verbands die europäische Normung, während Dirk Zedler einen Überblick über Normen, Tests und Prüfsiegel bot.
Die Podiumsdiskussion zur Stiftung Warentest bildete gewissermaßen den krönenden Abschluss dieses Themenkomplexes. Solche Formate laufen stets Gefahr, ohne greifbares Ergebnis zu enden. Diese Gefahr beim Test-Thema zu bannen, hatte sich der Moderator, Gunnar Fehlau vom Pressedienst-Fahrrad, auf die Fahne geschrieben. Durch pointiertes Nachfragen bis an die Grenze der britischen Höflichkeit versuchte er, einen Pudding an die Wand zu nageln: Ob denn nun die StiWa wirklich gewillt sei, ihre Prüfkriterien offenzulegen.
Deren Obertester Dr. Holger Brackemann war schon auf einem RadMarkt-Forum vor Jahren den kritischen Fragen gekonnt ausgewichen; hier gab er ein Statement ab, das die Wiederauflage dieses Themas rechtfertigen mochte: Er konkretisierte seine Zusage einer Offenlegung.
Ansonsten blieb der Berliner Testmann vergleichsweise unbehelligt, weil ADFC-Geschäftsführer Horst Hahn-Kiöckner nur bei der Industrie Bedarf sah, sich zu hinterfragen. Da auch Derby-Geschäftsführer Mathias Seidler sich sachlich-friedlich zeigte, blieb es dem Sachverständigen Dirk Zedler vorbehalten, Brackemann durch schieres Fachwissen in Bedrängnis zu bringen: Die von der Stiftung vorgelegten negativen Testergebnisse würden nicht mit den Schadensbildern in der Praxis korrespondieren - kraft Doppelfunktion als Tester und Gutachter weiß Zedler, wovon er spricht. Deswegen blockiere die StiWa einen Verbesserungsprozess, statt ihn zu befördern.
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Autor: Michael Bollschweiler