"Nur wenn wir gemeinsam arbeiten, kommt die Branche weiter", appelliert Dirk Zedler bereits zu Beginn der Veranstaltung an die rund 50 Teilnehmer, die am 13. November ins Sram Development Center nach Schweinfurt kamen. Hintergrund der gemeinsamen Einladung des Zedler Instituts und der Anwaltskanzlei Reuschlaw waren die rechtlichen Fragen, denen sich die Fahrradbranche künftig stellen muss. Gerade durch das große Thema E-Bikes würden Gerichte die Fahrradindustrie in einem anderen Licht beurteilen. Dies hätte andere Urteile als früher zur Folge. "Die Industrie hat hier noch Defizite", so der Fahrradsachverständige Dirk Zedler. Zusammen mit dem auf Haftungsrecht spezialisierten Anwalt Daniel Wuhrmann gab er den Teilnehmern deshalb einen detaillierten Überblick, worauf in Zukunft stärker geachtet werden sollte.
In einer theoretischen Einführung erläuterte der Rechtsexperte Wuhrmann die vier Organisationspflichten, die bei der Produktion zu beachten sind. Diese Punkte treffen auf alle Marktteilnehmer zu, die ein Produkt in Umlauf bringen. Also auch auf Händler, die Fahrräder einer Eigenmarke zum Verkauf anbieten. Punkt 1 ist die Konstruktion: Jeder Hersteller ist verpflichtet, seine Produkte so zu konstruieren, dass sie möglichst keine Gefahren bergen und den aktuellen Standards von Wissenschaft und Technik entsprechen. Punkt 2 ist die Fabrikation. D.h. jeder Produzent muss sicherstellen, dass sich bei der Fertigung keine Fehler einstellen. Der Hersteller muss also die Arbeit seiner Zulieferer überwachen und eine ordentliche Dokumentation aufweisen können. Als Punkt 3 wurde die Instruktion näher erläutert. Dabei geht es um die Warnhinweise für den Endverbraucher, die erklären, für was das Produkt geeignet ist – und für was nicht. Und als letzter Punkt ist die Marktbeobachtung von entscheidender Bedeutung. Jeder Hersteller ist verpflichtet, den Markt zu beobachten und bei Problemen entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um einen möglichen Schaden zu vermeiden. Hier liegt einer der Hauptgründe für Rückrufe. Anhand von aktuellen Beispielen und Gerichtsurteilen erläuterten der Rechtsexperte und der Sachverständige im Anschluss diese vier Punkte und die daraus resultierenden Pflichten im Detail.
Marktbeobachtung auch in Sozialen Netzwerken
Speziell der letzte Punkt, die Marktbeobachtungspflicht, stünde aktuell vor einer großen Veränderung. Hersteller sind dabei bislang verpflichtet, Berichte über Rückrufe der Konkurrenz zu verfolgen und sich aktuelle Informationen aus Fachmagazinen zu besorgen und darauf zu reagieren. Neue Gerichtsurteile zeigen jedoch, dass Hersteller proaktiv in den Markt schauen müssen und hier speziell auch Soziale Netzwerke und Internetforen im Blick haben müssen. Wenn hier Probleme genannt werden, muss der Hersteller mit entsprechenden Nachprüfungen reagieren und diese auch dokumentieren. Im sogenannten Beschwerdebuch sind die einzelnen Beschwerden zu katalogisieren und jede Beschwerde ist zu überprüfen. Zudem muss von Herstellern ein Nachweis erbracht werden, sei es durch Mailverkehr, Organigramm, Zeugen, dass ein funktionierendes System im Unternehmen installiert wurde, um den Markt zu beobachten und zu kontrollieren.
Fehlt dieser Nachweis, und kommt es anschließend zu Unfällen mit den Produkten, kann dies ganz schnell zu hohen Strafen führen. Direktversender hätten laut der beiden Experten hier einen Vorteil: Durch die direkte Kommunikation mit den Endverbrauchern könne deutlich effektiver bei Fehlern reagiert werden. Fachhandelsmarken hätten hingegen das Problem, dass die Händler den Verlauf "blockieren". "Das Qualitätsmanagement muss schneller werden", fordert Zedler deshalb und nimmt dabei Hersteller und Händler in die Pflicht, damit diese besser miteinander kommunizieren und Probleme schneller behandeln.
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Autor: Thomas Geisler