Fahrräder sind nicht für so viele Kilometer ausgelegt
Dazu kommt, dass Fahrräder mit E-Unterstützung unterm Strich viel mehr Strecke zurücklegen. „Ein Standardfahrrad ist angelegt auf eine Lebensdauer von rund 10 000 Kilometern“, erklärt der ADFC-Sprecher. „90 Prozent aller Fahrräder erreichen das gar nicht im Laufe ihrer Nutzung. Wer mit Elektromotor ausgestattet ist, kommt in zwei Jahren locker auf diese Strecke.“ Sind die Teile nicht für so viel Strecke konstruiert, droht schneller Verschleiß.
Auch Dirk Zedler muss Radfahrern den Zahn ziehen, dass sich das alte Zweirad problemlos aufrüsten lässt. Der Geschäftsführer des Zedler-Instituts für Fahrradtechnik und -Sicherheit ist Spezialist für das Prüfen von Fahrrädern und deren Bauteilen.
Nachrüstmotoren sind oft nicht zeitgemäß
Zwar bieten manche Firmen durchaus Nachrüstmotoren an, doch die großen namhaften Hersteller sind laut Zedler nicht dabei. Seine Erfahrung: Die Nachrüstmotoren sind technisch nicht auf dem Stand der Zeit. „Die Elektrofahrradtechnik hat sich in den vergangenen fünf Jahren extrem weiterentwickelt“, erklärt der Experte. „Das gilt für die Nachrüstsätze nicht in gleichem Maße. Sie fahren in der Regel nicht so angenehm und haben oft einen Haufen Marotten.“
Die Antriebssysteme seien meist deutlich einfacher gehalten, sprächen schlechter an, liefen oft nach und seien mitunter schneller verschlissen, urteilt Zedler. Was auf den ersten Blick wie ein Schnäppchen wirkt, kann sich später als Enttäuschung entpuppen. „Man denkt: Ich habe mein klassisches Fahrrad und das liebe ich“, sagt Zedler. „Wenn man dann den Motor eingebaut hat und ehrlich ist, muss man zugeben, dass das Fahren oft einfach keinen Spaß macht und definitiv nicht dem Stand heutiger Elektrofahrräder entspricht.“
Gute Nachrüstsätze sind teuer
Dazu kommt, dass sich die ganze Aktion in der Regel finanziell kaum lohnt. Manche Nachrüstsätze findet man laut ADFC-Experte Filippek im Internet zwar bereits ab 150 Euro, „aber das ist wirklich unmögliches Zeug.“ Für einen High-End-Nachrüstsatz muss der Verbraucher dagegen zwischen 1500 und 1800 Euro hinblättern, sagt Dirk Zedler. „Damit liegt man schon auf der Höhe eines preisreduzierten Pedelecs, das als Komplettfahrrad im Fachhandel zu kriegen ist.“
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Auch Dirk Zedler weiß von ein paar kleineren Manufakturen, die solche nachrüstbaren Räder anbieten. „Das ist okay, wenn das Rad für einen Antrieb geprüft ist, ist die Nachrüstung technisch sinnvoll“, bestätigt er. Allerdings müsse man auch da wieder durchrechnen, ob es sich lohnt. Ein Konzept, das vor ein paar Jahren für Aufsehen sorgte, hat sich dagegen nicht durchgesetzt: Dabei sollte das normale Rad durch den ausschließlichen Austausch des Hinterrades zusammen mit dem Smartphone zum Elektrorad werden.
Sitz des Motors abwägen
Darf und soll nachgerüstet werden, stellt sich die Frage nach der Art des Motors. Neben dem Front- oder Heckmotor gibt es auch den Mittelmotor. Jeder hat seine Vor- und Nachteile, meint Filippek. Ein Motor im Hinterrad macht das Rad hinten sehr schwer und wirkt sich aufs Fahrgefühl aus. Sitzt der Motor vorn, kann das Vorderrad schon mal durchdrehen. Beim Mittelmotor ist die Belastung auf die Antriebsteile wiederum sehr hoch, was den Verschleiß erhöht.
Den Motor einzubauen sei kein Hexenwerk, sagt der ADFC-Experte. Sollte es noch einen Garantieanspruch auf das Rad geben, erlischt dieser allerdings. Fahrradprüfer Zedler rät dennoch davon ab, selbst Hand anzulegen. „Ein bisschen technische Versiertheit reicht hier nicht aus, da sollte man schon eine gewisse Ahnung und Spezialwerkzeug haben. Oft muss auch der Rahmen mechanisch bearbeitet werden.“
Wer selbst nachrüstet, muss auch haften
Gibt es mit dem Rad dann einen Unfall, etwa aufgrund von Materialversagen, kann es heikel werden. „Wenn man das Rad selbst zum Elektrofahrrad gemacht hat, kann man sich, wenn man Pech hat, an niemanden wenden“, gibt Zedler zu bedenken. „Dann muss man allein die Haftung tragen.“ So bleibt am Ende vielleicht die Überlegung, das alte Rad zu behalten und sich zusätzlich ein E-Bike zu kaufen. Gebraucht ist es immerhin noch mal günstiger. Aber Achtung, warnt ADFC-Experte Filippek: „Der Wert liegt im Akku und dem sieht man den Verschleiß nicht an. Am besten lässt man ihn beim Händler auslesen, dann weiß man in etwa, wie lange man ihn noch fahren kann.“
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Autorin: Christina Bachmann