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Die Fachleute streiten nun darüber, ob der Test mit einem fest eingespannten Rahmenhinterbau überhaupt praxisrelevante Ergebnisse liefern konnte. Die Haltung der Stiftung Warentest dazu ist: Erstens habe das beauftragte Prüfinstitut die nötige Kompetenz. Zweitens habe sich das Ergebnis an einem weiteren Rahmen reproduzieren lassen. Und drittens: Andere Rahmen hätten dieselben Prüfungen unbeschadet überstanden. Kritiker der Testmethoden wie der auf Fahrradtechnik spezialisierte Prüfingenieur Dirk Zedler haben ihre Zweifel: Die feste Einspannung des Rahmens zeuge nicht von Fachkenntnis, sondern deute eher darauf hin, dass man habe Kosten sparen wollen. Eine flexible Einspannung, die dem praktischen Geschehen mit einem "arbeitenden" Laufrad im Rahmen wesentlich mehr entspreche, sei viel aufwendiger, also teurer. Offenbar fehle es der Stiftung aber am nötigen "Fahrrad-Knowhow". Dass eine falsche Prüfmethode bei konsequenter Wiederholung ein zweites Mal das gleiche, nicht praxisrelevante Ergebnis produziere, sei nur natürlich. Dass das bessere Abschneiden anderer Rahmen bei dem gleichen Testverfahren wenig besagt, war auch den Zuhörern der Podiumsdiskussion während der Mitgliederversammlung des Verbunds Service und Fahrrad (VSF) sofort klar, wo Zedler seine Kritik äußerte. "Mit Qualität hat das doch gar nichts zu tun, wenn ein weicherer Rahmen die Belastungen auf dem Prüfstand besser verkraftet", warf einer der Fachhändler aus dem Publikum ein.
Seit Jahren angemahnte Transparenz
Während der VSF-Mitgliederversammlung in Bad Boll trafen die Stiftung, vertreten durch Dr. Holger Brackemann, Mitglied der Geschäftsleitung und für den Bereich Untersuchungen zuständig, und die Kritiker aus der Fahrradbranche zum ersten Mal seit Beginn der Kontroverse öffentlich aufeinander. Brackemann war für den VSF allerdings kein Unbekannter: Vor mehreren Jahren hatte er bereits auf einem vom VSF veranstalteten Kongress die Kritik, die Stiftung teste nicht gerade transparent, einstecken müssen. Seinerseits hatte er damals gelobt, die Prüfkriterien der Stiftung für die Fahrradbranche nachvollziehbarer zu machen. Daran, dass das leider ausgeblieben sei, wurde er nun in Bad Boll, unter anderem von Zedler, erinnert. Erwartungsgemäß verteidigte Brackemann vor den VSF-Mitgliedern den Test und seine Ergebnisse. Das hatte die Stiftung bereits getan, als sich etliche Wochen zuvor die Fahrradunternehmen und der ZIV mit ihrer "Widerlegung der Test-Ergebnisse der Stiftung Warentest" an die Öffentlichkeit wandten.
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Autor: Hans-Heinrich Pardey