Die gute Nachricht für kaufinteressierte Radler: Die Fahrradläden sind wieder voll. Es gibt zwar bei Komponenten für E-Bikes z. B. bei Akkus, Displays oder Chips weiterhin Lieferschwierigkeiten und nicht jeder Kundenwunsch wird im Geschäft erfüllt. Trotzdem muss niemand zu Fuß wieder nach Hause gehen, vorausgesetzt, das Portmonnaie ist gut gefüllt. Denn die schlechte Nachricht ist: Die Preise sind unverändert hoch.
Wegen der Verwerfungen am Weltmarkt in Folge der Corona-Pandemie sind Fahrräder und E-Bikes teuer wie nie. Zudem ist der Seeweg zum Nadelöhr geworden. Um Rahmen oder Komponenten in die heimischen Montagehallen zu schaffen, müssen die Hersteller nach wie vor tief in die Tasche greifen. Für einen 40-Fuß-Container von Shanghai nach Rotterdam waren 2019 ungefähr 2000 US-Dollar fällig. Zwischenzeitlich vervielfachten sich die Transportkosten auf fast 15.000 US-Dollar.
Die Lage hat sich zwar wieder etwas entspannt, aber nun befeuert die Energiekrise den Preisanstieg. Auf Kundenseite sinkt gleichzeitig die Kaufkraft, weil die Bürger wegen der hohen Inflation weniger Geld in der Tasche haben. Viele müssen den Gürtel enger schnallen. Wer sich dennoch ein Pedelec zulegen möchte, wird sich nach günstigen Angeboten umsehen. Und die gibt es: Im Internet, aber auch beim Discounter, im Warenhaus oder im Baumarkt. Doch letztere haben keinen guten Ruf und auch das Internet-Schnäppchen entpuppt sich nicht selten als Fehlkauf.
Worauf achten beim Kauf?
Der Fachhandel ist hierzulande immer noch stark. 76 Prozent der 2021 verkauften Fahrräder und E-Bikes gingen laut Zweirad-Industrie-Verband über den Fachhandel an die Käufer. Der Vertrieb durch Internetversender (20 Prozent), SB-Warenhäuser, Baumärkte und Discounter (4 Prozent) ist seit Jahren tatsächlich eher rückläufig. Denn es gibt einiges zu beachten, wenn man ohne qualifizierte Beratung und ohne Testfahrt ein E-Bike kauft. Welche Risiken das mitbringen kann und worauf man achten sollte, darüber haben wir mit einem Fahrrad-Sachverständigen vom Zedler-Institut für Fahrradtechnik und -sicherheit gesprochen (S.30). Eigentlich sollte an dieser Stelle ein großer Vergleichstest mit besonders günstigen E-Bikes erscheinen, aber viele Hersteller scheuen offenbar den direkten Vergleich und haben letztlich abgesagt. Drei Teilnehmer, die sich nicht verstecken wollten, und, soviel sei verraten, auch nicht verstecken müssen, haben wir dafür genau unter die Lupe genommen.
Motor und Ausstattung
Unsere Testräder liegen preislich zwischen 1600 und 2300 Euro. Angetrieben werden alle von Mo-toren aus chinesischer Produktion – Jeep und Tenways von Heckmotoren, den AEG-Mittelmotor hat Prophete zusammen mit Bafang entwickelt. Nur das Tenways ist mit einem Drehmomentsensor ausgestattet und passt die Motorunterstützung dynamisch an die aufs Pedal gegebene Kraft an. Das fühlt sich spürbar natürlicher an als die anderen beiden Antriebe, die allein auf Bewegung der Kurbel reagieren und eine bestimmte Motorunterstützung beisteuern. Wer sich daran nicht stört, fährt aber nicht zwangsläufig schlecht damit. Die Ausstattung der Testräder ist teilweise einfach oder stark reduziert, wie beim Tenways, wobei es hier Teil des Konzepts ist und kein Mangel. Abgesehen vom Prophete mit 461 Wh fallen die Energiespeicher vergleichsweise klein aus. Das senkt den Preis und das Gewicht, die angegebene Reichweite von bis zu 70 km (Tenways, 252 Wh) reicht aber für den Einsatz als Stadt- und Pendel-Pedelec völlig aus. Das Fahrverhalten der Testräder war zwar höchst unterschiedlich, aber bei allen Modellen sehr gut. Die beiden Tiefeinsteiger sind zudem tourentauglich und wenn man mit der angesprochenen, etwas statisch wirkenden Motorcharakteristik nicht hadert, kann man besonders mit dem Prophete einen guten Einstieg zum E-Biken finden.
Autor: Ingo Effing