Nicht einmal 500 Euro und nur wenige Mausklicks braucht es heute, um einen günstigen Bausatz zu kaufen, der ein Fahrrad zum Pedelec macht. Zahlreiche Webshops bieten neben Motor, Akku, Kabelsatz und Steuerung auch an, Laufräder mit Nabenmotor einzuspeichen. Danach – technisches Verständnis und Erfahrung in der Montage und Wartung von Fahrrädern vorausgesetzt – fallen nur noch ein paar Stunden Arbeit an, bis alles sauber am Rad verbaut ist. Und unterm Strich scheint das Umrüsten des eigenen Rades zum E-Bike ein Schnäppchen: Für ein neues Pedelec muss man beim Fahrradhändler schließlich 2.000 bis 3.000 Euro hinlegen.
Doch schon der Preisvergleich hinkt: Die meisten Nachrüstsysteme sind von einfacher Qualität und oft sehr simpel aufgebaut. Das beginnt bei der Sensorik: Meist wird lediglich ein Bewegungsmelder zwischen Kurbel-Innenlager und Rahmen geklemmt.
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NACHRÜSTEN – EIN BELASTUNGSPROBLEM
Doch das Ganze ist nicht nur eine Frage der Antriebsqualität. Problematisch am Umbau – und richtig gefährlich – ist die Tatsache, dass ein Elektro-Antrieb ein Fahrrad höher belastet, als es der Fahrer mit seiner Muskelkraft vermag. Insbesondere die einfach einzusetzenden Vorderradnabenmotoren stressen Gabeln und Rahmen gewaltig. Zudem werden Pedelecs schneller gefahren, sind schwerer und werden häufig schwerer bepackt als Fahrräder ohne Unterstützung. Auch das Nutzungsverhalten ändert sich: Aus Gelegenheitsradlern werden Vielfahrer, und die Kraft des Motors schiebt die Radler längere und steilere Berge hinauf, die sie dann auch heil wieder hinunter kommen müssen.
All dies belastet Pedelecs viel stärker als nicht motorisierte City- und Tourenräder; Rahmen, Bauteile und Bremsen müssen darauf ausgerichtet sein.
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WER BAUT, WIRD HERSTELLER
Wichtig zu wissen: Derjenige, der ein Fahrrad zum Pedelec umbaut, wird zum Hersteller des Gesamtsystems. Geht nach dem Umbau also etwas kaputt, wird der Hersteller des ursprünglichen Fahrrads nicht nur Garantieleistungen ablehnen; kommt es beispielsweise durch Materialversagen zu einem Sturz, kann der ursprüngliche Erbauer des Fahrrades die Haftung von sich weisen. Und der Besitzer – also Umbauer – wird kaum beweisen können, dass das Fahrrad auch ohne Motor mangelhaft oder unsicher war.
Auch wer hofft, er könne den Umbau einfach und vertrauensvoll von einem Händler erledigen lassen, entkommt dem Dilemma nicht. Das Gesetz verbietet das dem Händler zwar nicht direkt, aber faktisch. Denn: Baut ein Händler ein Rad zum E-Bike um, wird er – siehe oben – zum Hersteller und muss das gesamte Pedelec einem sogenannten Konformitätsbewertungsverfahren unterziehen.
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TUNING – VERBOTENE GESCHWINDIGKEIT
Umrüsten auf "E" ist eine Sache, ein Pedelec auf mehr Tempo zu tunen, noch mal eine andere Nummer. Zugegeben: 25 km/h – das Tempolimit für normale Pedelecs – sind nicht gerade schnell. Das schaffen viele Radfahrer in der Ebene ohne Motor. US-Amerikaner haben es da besser, dort liegt das Limit für baugleiche Pedelecs bei 20 Meilen, also 32 km/h. Also, warum sollte man hier nicht unauffällig ein bisschen nachhelfen? Bei Mofas war das früher schließlich auch gang und gäbe...
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LIEBER AUF DER SICHEREN SEITE
Selbstbau oder Tuning – beides scheint auf den ersten Blick einfach, schlau und günstig. Doch im Gegenteil: Beides ist mit erheblichen Risiken verbunden – und mitunter strafbar. Wer ein sicheres Pedelec möchte, ist besser beraten, im Fachhandel ein Modell eines renommierten Herstellers zu kaufen. Das kostet dann etwas mehr, doch dafür gibt es geprüfte Qualität mit Service vom Händler – plus Garantie und Sachmängelhaftung obendrauf.
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Kommentar
Teile, die an Trekkingrädern halten, aber bei Pedelecs versagen, sind tägliche Realität für Sachverständige. Zum einen wirken auf Pedelecs höhere Belastungen, und zum anderen wurden die Anforderungen an einige sicherheitsrelevante Bauteile bzw. den Rahmen in der Vergangenheit nur wenig oder gar nicht von Normen berücksichtigt und folglich nicht geprüft. Kommen mehrere dieser Faktoren zusammen, können Rahmen oder Teile plötzlich brechen – erst recht bei nachgerüsteten oder getunten Pedelecs. Als Sachverständiger rate ich dringend davon ab, durch Nachrüstung oder Tuning unkalkulierbare Risiken einzugehen.
Dipl. Ing. Dirk Zedler, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Fahrräder und Elektrofahrräder
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Autor: Dirk Zedler