Medienberichte und Publikationen rund um Fahrräder, Pedelecs, Technik und Sicherheit

Die häufigsten Sicherheitsrisiken, die uns in der täglichen Arbeit rund um Fahrrad-Sicherheit, -Technik und -Bedienungsanleitungen auffallen, publizieren wir auch in Artikeln in den führenden Fachmagazinen TOUR – Europas Rennrad-Magazin Nr. 1, BIKE – Das Mountainbike Magazin Europas Nr. 1 und E-Bike – Das Pedelec-Magazin, um diese für die Branche wichtigen Informationen einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Auch die Eurobike Show Daily, Messezeitschrift der jährlich stattfindenden Eurobike Show, gibt uns seit vielen Jahren die Möglichkeit, unsere Sicht auf wichtige Entwicklungen in der Fahrradbranche in ganzseitigen Artikeln auszuführen.

Darüber hinaus sprechen wir regelmäßig in unabhängigen Fachvorträgen über alle Bereiche der Fahrradtechnik und des Fahrradmarktes. Auch weitere Fach- bzw. Branchenzeitschriften sowie immer häufiger Radio und Fernsehen zitieren uns in ihren Medienberichten und zeigen uns, dass wir mit unseren Hinweisen genau richtig liegen. In der Rubrik AKTUELL erfahren Sie laufend alle Neuigkeiten aus unseren Fachbereichen. Diese Berichte und Publikationen sortieren wir für Sie chronologisch bzw. nach Interessensgebieten.

Eurobike Show Daily 2010 - Tag 2
Lesedauer 4:45 Minuten

Carbon und kein Ende

Farbe am Fahrrad ist zwar wieder stark gekommen, das schwarz schillernde Fasermaterial bleibt jedoch unangefochtene Nummer 1 im Bau von Hochleistungs-Bauteilen für Fahrräder. Noch immer sind aber nicht alle Fragen beantwortet, was die Langlebigkeit, die Weiterverwendung nach einem Unfall, die Prüfmethoden und die Reparaturmöglichkeiten betreffen.

Produktqualität und Haltbarkeit sind zwei Themen, die im Zusammenhang mit Carbon immer wieder heiß diskutiert werden. Auch 25 Jahre nachdem der erste Rahmen mit Carbonrohren in Serie hergestellt wurde und sieben Jahre nachdem der erste Großserienrahmen die Schwelle von einem Kilogramm unterboten hat, lassen sich solche Fragen nicht pauschal beantworten.

Der Grund liegt im Material selbst. Wie der korrekte Name Kohlefaser verstärkter Kunststoff signalisiert, handelt es sich um einen Verbundwerkstoff. Bei Carbon werden Kohlenfasern als Gewebe mit einer Matrix, in der Regel aus Epoxydharz, in mehreren Lagen zu einem Laminat verarbeitet. Nur wenn ausreichend viele Fasern in die jeweiligen Belastungsrichtungen eingearbeitet sind und nur wenn die Matrix diesen Aufbau sauber zusammenklebt, ergibt sich eine belastbare Struktur.

Der Lagenaufbau eines Bauteils geschieht bei Fahrradteilen überwiegend in Handarbeit. Die Formfestigkeit entsteht unter Druck und Hitze, wenn das Harz aushärtet. Das Material – und damit dessen Eigenschaften – entstehen bei der Herstellung jedes einzelnen Bauteils. Nur bei penibler Arbeit und sorgfältiger Kontrolle sind die Bauteileigenschaften einer Serie annähernd gleich.

Grundsätzlich können Fehlstellen aus der Produktion, Delaminationen, d.h. Trennung einzelner Gewebelagen voneinander, oder Anrisse durch Überlast dazu führen, dass das Bauteil im Betrieb die Belastungen nicht mehr erträgt und in der Folge versagt. Das kann bei schlechter Verarbeitung oder schwachem Fasermaterial durchaus plötzlich und sogar mit einem regelrechten Knall eintreten, weshalb sich der Begriff „sudden death“ für solch katastrophales Versagen eingebürgert hat.

Was schädigt Carbon?

Einige Jahre nach dem Beginn der zweiten Carbonwelle im Fahrradbau kann festgehalten werden, dass der sudden death wirklich nur bei Fehl-Konstruktionen gelegentlich der Fall ist. Sorgfältig gemachte Carbonbauteile, bei denen der Konstrukteur gute Arbeit geleistet hat, sind im normalen Betrieb unauffällig, sie halten fast ewig.

Dennoch ist es kein Grund sich zurückzulehnen, denn teures Material geht doch immer wieder zu Bruch. Die Liste der Versagensursachen wird von drei Schadenmechanismen angeführt:

  • der unfachmännischen Montage
  • der fehlerhaften Kombination von Bauteilen und
  • dem sorglosen Umgang durch den Endverbraucher

Erst genanntes fängt schon damit an, dass Schrauben immer noch häufig von Hand und daher vielfach mit zu hohen Kräften angezogen werden. Carbon-Montagepaste hat noch immer nicht Einzug auf jede Werkbank gefunden, was ebenfalls dazu führen kann, dass Bauteile nur mit (zu) hohen Drehmomenten fixiert werden können und das quittiert druckempfindliches Carbon mit Versagen.

Asymmetrische Klemmbereiche z.B. von Bremshebelschellen und scharfkantige Bauteile sind Merkmale, die ein geschultes Mechanikerauge erkennen kann und die nicht verwendet werden dürfen.

Viel Bruch entsteht, wenn Fahrräder umfallen und auf eine scharfe Kanten prallen, wenn der Lenker eines MTB eindreht und Brems- und Schalthebel am Oberrohr anschlagen, beim Transport, wenn Carbon zu wenig gegen Stöße geschützt oder wenn das Fahrrad auf einem Träger transportiert wird. Übliche Klauen von Radträgern nehmen hauchzarte Carbonrahmen derart in die Zange, dass das Material knisternd nachgibt und einreist.

Was tun im Fall der Fälle

Grundsätzlich kann keine Entwarnung und kein Freibrief für überlastete Carbonbauteile gegeben werden. Das Fahrrad muss nach einer Überlastung sorgfältig geprüft werden.

Eine reine Sichtkontrolle reicht nicht aus. Bauteile aus kohlefaserverstärktem Kunststoff sind selbst nach einer Überlastung nicht verbogen, sie nehmen ihre ursprüngliche Form wieder an. Eine Vermessung des Rahmens mit einem Rahmenlineal bringt, im Gegensatz zu Aluminium und Stahl, kein verwertbares Ergebnis.

Einige Verfahren wie Röntgen und Computer-Tomographie sind derzeit nur theoretisch und keinesfalls betriebwirtschaftlich akzeptabel anwendbar.

Impuls Thermographie scheint auf den ersten Blick ein gangbarer und preislich akzeptabler Weg zu sein. Die daraus generierten bunten Bilder zeigen Fehlstellen im Laminat, Harzanhäufungen, Schaumeinlagen, Metallbestandteile, unterschiedlich dicke Lackschichten, Schriftzugaufkleber etc. Ein solches Thermographiebild gibt über vieles Auskunft, zu vieles. Ob die im Thermographiebild auffälligen Stellen nun unfallbedingt sind und ob sie Auswirkungen auf die Haltbarkeit haben oder nicht, vermag derzeit noch kein Experte zu sagen.

Um das Verfahren sinnvoll einzusetzen, müsste das fragliche Bauteil im Neuzustand untersucht und die Bilder müssten archiviert werden. Erst der Abgleich zwischen davor und danach gäbe verlässlichen Aufschluss über Veränderungen und damit den Zustand.

Steifigkeitsprüfungen sind eine adäquate Methode um den Zustand von Carbonbauteilen zu prüfen. Einige Hersteller sind deshalb dazu übergegangen, die Produkte nach der Herstellung dahingehend zu prüfen. Bei Abweichungen werden die betreffenden Bauteile aus dem Verkauf genommen.

Die Steifigkeit lässt in der Regel nach, wenn der Faserverbund sich auflöst, beschädigt wird oder wenn das Bauteil stark ermüdet ist. Aber auch hier gilt, dass ohne Abgleich mit dem Wert eines baugleichen Bauteils im Neuzustand, der Messwert eines gebrauchten oder verunfallten Bauteils sehr wenig aussagt. Voraussetzung ist daher eine Datenbank mit Messwerten.

In Industrie und Hochschulen laufen derzeit einige Forschungsprojekte um Gefährdungspotenziale und Prüfmethoden zu verbessern.

Was und wo reparieren?

Carbon ist ein Werkstoff, der mit einfachen Mitteln, d.h. Harz und Fasermatten, zu reparieren ist. Die Entscheidung, ob die Reparatur kleiner Löcher, von Rissen im Oberrohr vom herumschlagenen Lenker oder die Spuren eines Chainsucks von Erfolg gekrönt ist, hängt, wie bei einer Neukonstruktion, vollständig vom Sachverstand und Erfahrungsschatz des Reparierenden ab. Technisch gut und optisch sauber ist schichtweises abschleifen beschädigter Bereiche. Der treppenartige Schliff ermöglicht den soliden Aufbau neuer Laminatsschichten, bis die Originalwandstärke wieder erreicht ist. So wird ein haltbarer Verbund ohne Steifigkeitssprünge hergestellt.

Vom versierten Lackierbetrieb aufbereitet, ist so eine Reparatur nicht mehr zu erkennen. Einige wenige im Automobilrennsport aktive Firmen haben sich auf solche Reparaturen spezialisiert.

To do für Hersteller und Händler

So langlebig Carbon im normalen Betrieb ist, so sensibel reagiert es auf Missbrauch und Überlast. Auch wenn sich Reparaturmöglichkeiten aufgetan haben sollten

  • bei weiten nicht alle Bauteile und Fahrradtypen aus dem Werkstoff gefertigt werden
  • die Grenzen der Faserkonstruktionen hinsichtlich Gesamtgewicht, Fehlgebrauch etc. deutlich herausgestellt werden
  • die Mechaniker der Shops geschult werden
  • jedem Bauteil und Fahrrad sinnvolle Anleitungen beiliegen, damit der Verbraucher klare Anweisungen zum Umgang mit den sensiblen Sportgeräten bekommt.

Zurück