Feierabend, Trainingsrunde. Wie immer setzte Christos Politidis aus Ludwigsburg in der Garage noch kurz die Standpumpe an, um den Reifendruck zu checken. Beim vierten Pumpstoß zischte es laut, dann fiel der Pumpenkopf zu Boden. Als der passionierte Radler den Pumpenkopf wieder aufs Ventil stecken wollte, staunte er nicht schlecht: Das Ventil steckte in der Pumpe. Es hatte sich komplett aus dem Schlauch gelöst.
TOUR-Redakteur Manuel Jekel stellte vor wenigen Wochen einen neu montierten Laufradsatz neben seinem Schreibtisch ab - als ein höllischer Knall alle Kollegen zusammenschrecken ließ: Die Explosion war so heftig, dass die Kunststoff-Abdeckkappen der Nabe splitterten und mehrere Meter durch die Räume flogen. Die Ursachenforschung förderte eine Felge mit leichtem Übermaß und dickem Felgenband zu Tage, sowie einen stramm sitzenden Reifen. Den hatte Jekel mit viel Kraft montiert und dabei unbemerkt den Schlauch geschwächt. Man möchte sich nicht vorstellen, was hätte passieren können, wäre er gleich losgefahren.
Vielleicht Ähnliches wie Reinhold Grewe aus Berlin: Im Frühjahrstrainingslager lenkte der 48-jährige Rennradler mit rund 50 km/h in eine Kurve ein, als dem Reifen schlagartig die Luft ausging und das Fahrrad samt Fahrer über den Asphalt schlitterte. Der Schlauch war felgenseitig am Übergang zum verstärkten Ventilbereich geplatzt. Grewe fuhr eine Felge ohne Speichenlöcher und damit ohne Felgenband sowie einen Schlauch, der mit knapp elf Jahren überaltert gewesen sein dürfte.
Drei Beispiele von vielen, die belegen, dass Reifendefekte erstens immer noch häufig sind und zweitens – neben dem Dorn oder der Scherbe, die sich von außen ins Gummi bohrt – vielfältige Ursachen haben können: konstruktive Fehler, schlampige Montage oder schlechte Qualitätssicherung. Hierzu zählen scharfe, nicht entgratete Kanten am Ventilloch, zu schmale Felgenbänder oder solche aus ungeeignetem Material sowie nicht maßhaltige Felgen und Reifen. Relativ neu sind Defekte, die durch zu große Ventillöcher hervorgerufen werden, durch Felgen ohne Speichenlöcher und durch asymmetrische Felgen.
Bei Felgen mit geschlossenem Boden erscheint ein Felgenband auf den ersten Blick in der Tat überflüssig, weshalb die Hersteller auf das wenige Gramm schwere Teil verzichten. Dadurch aber ist der Schlauch der Kante am Ventilloch schutzlos ausgeliefert - es besteht die Gefahr, dass das Ventil entweder regelrecht ausgestanzt oder der Schlauch beim Aufpumpen an dieser Stelle so stark überdehnt wird, dass er später während der Fahrt reißt.
Der Nachteil stark asymmetrisch geformter Felgenprofile ist, dass die Speichenbohrungen im Felgenbett so dicht an die Flanke rücken, dass sie vom Felgenband nicht zuverlässig abgedeckt werden - dann sind die scharfkantigen Bohrungen eine Bedrohung für den empfindlichen Schlauch. Hier ist ein exakt passendes und am besten aufgeklebtes Felgenband dringend geboten. Durch alte und etwas spröde gewordene Schläuche verschärft sich das Problem nach unserer Beobachtung noch. TOUR-Empfehlung: Wechseln Sie auch unbeschädigte Schläuche, insbesondere leichte Butyl-Exemplare unter 65 Gramm, sicherheitshalber nach drei bis fünf Jahren aus.

Dieser Schlauch war auf einer glatten Felge ohne Felgenband montiert und ist am Übergang von der Ventilverstärkung zum Ventil geplatzt.

Hier hat ein zu großes und zudem scharfkantiges Ventilloch in der Felge das Ventil aus dem Schlauch gestanzt.

Hier hat sich ein zu schwaches Felgenband zur Seite geschoben. Der Schlauch konnte sich in die Speichenbohrungen drücken, bis er an einer Stelle platzte.
Text & Fotos Dirk Zedler