Im aktuellen Fall nahmen die Macher der Sendung stern TV um Günter Jauch die Sicherheit von Mountainbikes unter die Lupe. Als größtes Sicherheitsrisiko wurde die Fahrradgabel eingestuft, zur Beweisführung wurden vier Gabeltypen verschiedener Preisklassen auf einem Prüfstand der Universität Aachen getestet. Klarer Verlierer: die Rockshox SID SL, ein im Rennsport erfolgreiches Modell, das seit drei Jahren im Handel ist und rund 800 Euro kostet. Sieger wurde eine starre Gabel aus dem Kaufhaus für 15 Euro.
Ein Aufschrei über solche Ungerechtigkeit ging durch die Branche. Stellungnahmen des amerikanischen Herstellers und von weiteren Testinstituten folgten. Die Prüfung sei unrealistisch, die Bewertung ausschließlich dazu da, Quote zu machen, also möglichst viele Zuschauer vor den Fernseher zu locken. Verständlich ist freilich auch, dass seither viele Fahrer einer so abgewerteten Gabel an deren Tauglichkeit zweifeln. Stimmt das Urteil des Prof. Dr.-Ing von der Osten-Sacken, der für stern TV prüfte, oder kann man sich auf den Marktführer im Bereich hochwertiger Federgabeln verlassen? Kann man den Fahrrad-Produkten, die die Händler verkaufen, sein Leben und seine Gesundheit anvertrauen? Im Laufe der Sendung beklagte der Professor nämlich ebenso den Mangel an Ingenieuren und Fachkräften bei den Herstellern und stellte (richtigerweise) fest, dass praktisch jeder Fahrräder bauen und verkaufen dürfe. Sicher fragen sich viele Zuschauer seit dieser Sendung, ob es Merkmale wie Prüfsiegel oder Ähnliches gibt, die ein qualitativ gutes und damit sicheres Produkt erkennbar machen.
Autor: Dirk Zedler
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Kommentar
Die Hersteller von sportlich genutzten Rädern müssen diffizilen Leichtbau betreiben, aber unter massivem Kosten- und Zeitdruck - so verlangt es der Markt. Allzu oft bleibt da seriöse Qualitätssicherung auf der Strecke. Sowohl für den Kunden als auch für die Hersteller ist es da eine schlechte Lösung, wenn Produkte nicht seriös geprüft werden. Aber wenn ein Hersteller prüfen will, wonach soll er sich richten? Es ist durchaus realistisch, dass das Prüfsiegel des einen Prüflabors bei einem anderen nicht viel wert ist. Untragbar ist auch, dass die Prüfbedingungen einiger Institute als deren Betriebsgeheimnis gelten und nicht öffentlich gemacht werden.
Die Branche täte gut daran, ein Budget für ein motiviertes und kompetentes Gremium bereitzustellen, das Prüfungen und Sicherheitsanforderungen erarbeitet, denen die DIN zugrunde liegt. Dabei müssen die spezifische Nutzung der Fahrradtypen sowie bereits existierende Probleme berücksichtigt werden. Wird dagegen alles so gelassen, wie es ist, bleibt die Sicherheit weiterhin auf der Strecke, und die Käufer fungieren in vielen Fällen weiterhin als unfreiwillige Testfahrer der Hersteller. Und es besteht weiterhin die Gefahr, dass sensationshungrige Medien leichtes Spiel haben, die Fahrradindustrie bloßzustellen. Und so ein Schaden kommt vermutlich teurer als das Engagement für allgemein anerkannte Qualitäts- und Sicherheitskriterien.
Dipl.-Ing. Dirk Zedler, Fahrrad-Sachverständiger
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