Anfang März 2006. Der Winter hat Deutschland noch im Griff, bei mir herrscht Sonnenschein und Vorfreude: Ich habe einen Startplatz für die TOUR-Transalp und kann für TOUR nun meine Wunschgeschichte verwirklichen: Dienstlicher Auftrag ist es fortan, das leichtestmögliche Rennrad aufzubauen, mit dem man möglichst schnell und trotzdem sicher die Alpen überqueren kann. Die Frage ist: Wie renn- und alltagstauglich ist ultraleichtes Tuning-Material? Schließlich locken leichte edle Teile viele Radsportler, die aber nicht nur wegen der teils exorbitanten Preise vor dem Kauf zurückschrecken, sondern auch wegen der Unsicherheit, ob das sündhaft teure Zeug hält. Die vollmundigen Versprechen vieler Hersteller im Hinterkopf, peile ich beim Gesamtgewicht des Boliden die "5" vor dem Komma an. Die Rennradbranche zieht bei meinem Plan mit, Geld spielt also zum Glück keine Rolle. (…)
Erst quietscht´s …
Die Montage der Bauteile erweist sich als zeitintensive Herausforderung, obwohl es sich fast ausschließlich um käufliches Serienmaterial handelt. Der Ersatz vieler Stahl- durch Aluschrauben und die Kombination von Teilen verschiedener Hersteller erfordert Umsicht. (…)
… dann krachts
Am sechsten Tag das nächste Tief der jungen Liebe. Ich bin kurz unaufmerksam, muss hart bremsen – die Vorderradbremse tut erst gar nichts und beißt sich dann so fest, dass ich über den Lenker auf den Asphalt stürze. Die Folgen für das Fahrrad sind zum Glück überschaubar. Lenkerband und hinterer Schnellspanner sind angekratzt, die Flaschen aus den Haltern gepurzelt (…)
Und irgendwann passt´s
Nachdem die Rippen verheilt sind, taucht im Trainingsplan der Gerolsteiner-Marathon als Wettkampf auf dem Weg zur TOUR-Transalp auf. Das Rad begnügt sich bis dahin mit regelmäßigem Schmieren der Kette (…)
(…) Die Transalp wird zu einem unvergesslichen Erlebnis, aus dem sich das Rad weitgehend ausblendet – mit einer wesentlichen Ausnahme. Als es bei leichtem Regen den 16 Prozent steilen Passo Giao runtergeht, mache ich mir vor Angst fast in die Hosen weil das Bremsverhalten der Carbonfelgen völlig erstirbt. (…)
(…) Meine Meinung: Bei einer Alpenüberquerung mit dem Rennrad sind Carbonlaufräder die Teile, die man definitv zu Hause lassen sollte – im Regen ist das zu gefährlich! Übrigens beneiden mich an diesem Regentag Hunderte von Transalp- Mitstreitern um das SKS-Steckschutzblech am Hinterrad.
Was bleibt vom Traumrad?
(…) Rahmen, Gabel und Laufrädern konnte der Regen in den Alpen nichts anhaben, nirgends hat sich Wasser angesammelt. Das Gesamtgewicht nach der Transalp beträgt inklusive aller Umbauten aktuell 6,22 Kilogramm. So wie es ist, könnte man mit dem Rad gleich die nächsten Kilometer abspulen. (...)
Autor: Dirk Zedler