TOUR Rennräder werden nach lS0 4210 geprüft – gibt es eigene Vorgaben für Gravelbikes?
ZEDLER In der ISO 4210 wird zwischen Jugend-, City- und Trekking-, Geländefahrrädern also Mountainbikes und Rennrädern unterschieden. Eine eigene Kategorie für Gravelbikes gibt es nicht.
Woher weiß ich als Käufer, ob mein Gravelbike auch schwieriges Terrain mit Gepäck aushält?
Ob es das Gravelbike aushält, das ist durch bloßes Anschauen oder eine Probefahrt nicht zu erkennen. Eine Gewissheit können nur Prüfprotokolle aller Bauteile aus einem europäischen Prüfhaus sicherstellen.
Im aktuellen Fall wies die Carbongabel geringere Wandstärken auf als baugleiche Exemplare. Davor kann auch eine harte Norm nicht schützen?
Serienstreuungen sind gerade bei Bauteilen aus Carbon ein großes Thema. Der europäische Gesetzgeber fordert daher schon seit mehr als 25 Jahren, Stichproben durchzuführen, um Ausreißer in der Serie aufzudecken. Auf asiatische Vorlieferanten sollte sich ein Hersteller dabei nicht verlassen, ein „QC passed“-Aufkleber (Qualitätskontrolle bestanden, Anm. d. Red.) ist schnell geklebt. Daher muss ein seriöser Hersteller eine eigene Qualitätssicherung installieren, die den Warenfluss kontrolliert. Ohne Detailkenntnis und ohne die Gabel selbst gesehen zu haben, wage ich die These: Wenn die wirklich dünner war als die typgleichen, dann war sie sehr wahrscheinlich auch leichter. Einfaches Wiegen hätte möglicherweise genügt, um den schweren Unfall zu vermeiden.
Wie erkenne ich als Verbraucher, ob mein Gravelbike oder Rennrad sicher ist?
Normen definieren grundsätzlich nur Mindestanforderungen. Die ISO endet beispielsweise bei 100 Kilogramm Gesamtgewicht, was bei einem Gravelbike mit Fahrer und Taschen schnell überschritten wird. Normen eilen zudem der tatsächlichen Nutzung und der Technik oft Jahrzehnte hinterher. TOUR hat erstmals im Februar-Heft 2000 auf brechende Gabelschäfte aus Carbon aufmerksam gemacht und in der Folge immer wieder aber erst im Mai 2023 trat die aktualisierte ISO 4210 in Kraft. Der darin festgeschriebene Test für diesen neuralgischen Punkt prüft keine ausreichende Sicherheit heraus, wie wir im Rahmen unserer Sachverständigentätigkeit aus zahlreichen begleiteten Schadensfällen und Rückrufen wissen. Das heißt, ein Hersteller muss im Ergebnis ohnehin ergänzend und deutlich über die Norm hinaus prüfen. Um es klarzustellen: Viele Hersteller arbeiten sehr seriös, prüfen weit oberhalb der Norm und bieten dadurch sichere Fahrräder an.
Das Interview führte Kristian Bauer
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